Vorteilsausgleich im akademischen Sektor
Beim „ausgewogenen und gerechten Vorteilsausgleich“ gemäß Nagoya-Protokoll geht es darum, denjenigen Menschen/Ländern etwas zurückzugeben, denen das genetische Material (und damit verbundenes traditionelles Wissen) gehört und die es für Forschungszwecke zur Verfügung stellen.
Einige Forschende denken, dass Vorteilsausgleich nichts mit ihnen zu tun hat – falsch! Verpflichtungen zum Vorteilsausgleich können auch für nicht-kommerzielle und Grundlagenforschung gelten!
Welche Arten von Vorteilen werden im akademischen Forschungssektor geteilt? ?
Der Nutzen, den akademische Forschende haben, ergibt sich typischerweise aus dem Forschungsprozess und den Ergebnissen der Forschung. Diese Arten von Vorteilen sind oft „nicht-monetär“. Zum Beispiel:
- Kooperationen und/oder gemeinsame Veröffentlichung mit lokalen Forschenden
- Training von lokalen Forschenden und Studierenden
- Das Teilen von Daten und Ergebnissen
- Studienaustausche
Praktische Beispiele für gelungenen Vorteilsausgleich finden Sie in unseren ABS Stories.
Viele Herkunftsländer listen in den relevanten Verordnungen die Vorteile auf, die geteilt werden können oder sollten. Diese sollten Sie sich ansehen!
Welche Vorteile letztendlich geteilt werden, muss vorab verhandelt werden. Sie sollten immer sicher gehen, dass jegliche Vorteile, denen Sie zugestimmt haben, entsprechend der Förderzusage erlaubt sind und dass Sie ihre Verpflichtungen einhalten können – geben Sie keine Versprechen, die Sie nicht einhalten können!
Vorteilsausgleichsabkommen
Ein Vorteilsausgleichsabkommen („Benefit-sharing agreement“) ist ein rechtlich verbindliches Abkommen – es handelt sich um einen Vertrag.
Sie sollten bei Ihrer Einrichtung nachfragen, ob Sie befugt sind, rechtliche Verpflichtungen im Namen der Einrichtung einzugehen. Sie sind möglicherweise nicht die Person, die berechtigt ist, Entscheidungen zum Vorteilsausgleich zu treffen oder einen Vertrag zu unterzeichnen!
Einvernehmliche Vereinbarte Bedingungen – MAT
In der ABS Welt werden Vorteilsausgleichsabkommen „Einvernehmliche Vereinbarte Bedingungen“ (Mutually Agreed Terms) oder kurz MAT genannt. Die MAT sollten, wie die meisten Verträge, schriftlich festgehalten werden und können unter anderem folgendes enthalten:
- Vereinbarungen über den Vorteilsausgleich, wie beispielsweise über Rechte an geistigem Eigentum (Forschungsergebnisse)
- Eine Streitbeilegungsklausel
- Bedingungen für die Weitergabe an und Nutzung des Materials durch Dritte
- Bedingungen für den Fall einer Änderung der Forschungsabsicht, d. h. wenn Material für einen anderen als den ursprünglichen Forschungszweck verwendet wird, wie beispielsweise die Umstellung von nicht-kommerzieller Forschung zu kommerzieller Forschung
Klären Sie, mit wem Sie die Vorteile teilen müssen und wer damit auch ihr Vertragspartner ist. Das kann zum Beispiel eine Regierungsbehörde, ein Forschungsinstitut im Land, aus dem das Material kommt, oder ein Repräsentant einer lokalen Gemeinschaft sein.
Materialtransfervertrag – MTA
Einvernehmlich vereinbarte Bedingungen (Mutually Agreed Terms – MAT) sind nicht mit dem Materialtransfervertrag (material transfer agreement – MTA) zu verwechseln.
Viele Forschende kennen MTAs. Institute, die an Forschungskooperationen teilnehmen, nutzen sie häufig, um zu bestimmen, unter welchen Bedingungen Material transferiert wird und welche Rechte und Pflichten sowohl der Empfänger als auch der Herausgeber haben etc.
Achtung! Ein Materialtransfervertrag (ohne dazugehörige ABS-Unterlagen) ist nicht ausreichend, um Ihre Sorgfaltspflicht in Deutschland zu erfüllen.
Modellklauseln verwenden
Was sind Modellklauseln?
Modellklauseln sind standardisierte vertragliche Formulierungen, die als Basis für eine Vereinbarung über den Vorteilsausgleich genutzt werden können.
Es wurden einige Modellklauseln entwickelt, um die Durchsetzung des Nagoya-Protokolls zu unterstützen, z. B. von Verbänden oder Regierungen, die Material zu Forschungszwecken bereitstellen.
Wenn Sie Modellklauseln verwenden, vergessen Sie nicht, diese genau zu überprüfen. Stellen Sie sicher, dass sie Ihren Anforderungen entsprechen. Die Klauseln müssen wahrscheinlich angepasst werden.
Modellklauseln sind kein Ersatz für eine rechtliche Beratung. Sie sollten zur Unterstützung immer mit Ihrer Rechtsabteilung in Kontakt treten, bevor Sie bindende Verträge unterzeichnen.
Modellklauseln, die von Ländern genutzt werden, die Material zur Verfügung stellen
Mitglieder des Nagoya-Protokolls werden dazu angehalten, bereichsbezogene und bereichsübergreifende Modellklauseln für einvernehmlich vereinbarte Bedingungen zu entwickeln.
Manche Länder haben bereits Modellklauseln entwickelt. Dies sind beispielweise Benin (auf Französisch), Südafrika, Frankreich (auf Französisch) und Australien.
Manche Modellvereinbarungen finden Sie unter dem jeweiligen Länderprofil im ABS Clearing House.
Die „World Intellectual Property Organization“ listet ebenfalls einige Verträge auf.
Wenn Sie sich mit dem Bereitstellerland in Verbindung setzen, fragen Sie zunächst, ob es dort eine Mustervereinbarung für den Vorteilsausgleich gibt.
Modellklauseln für akademische Forschende
Einige Forschungsinstitutionen und –verbünde haben Modellklauseln entwickelt, um Forschenden mit dem Erstellen von Vorteilsausgleichsabkommen bei nicht-kommerzieller Forschung zu helfen – unter anderem die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Swiss Academy of Science.
Das Consortium of European Taxonomic Facilities (CETAF) hat ein „Best Practice“-Verfahren entwickelt, das von der Europäischen Kommission als bewährtes Verfahren anerkannt wurde. Im Anhang 6 dieses Dokuments gibt es vier verschiedene Muster-Materialtransferverträge (MTAs) für folgende Situationen: befristete Finanzierungen, Weitergabe des Materials aus einer und an eine Sammlung, bei der sich der Besitzanspruch ändert und für Situationen mit Gastforschenden oder externen Forschenden, die eigenes Material für ihre Forschung mitbringen. Diese MTAs beinhalten auch ABS-Klauseln.
Das Bundeamt für Naturschutz hat auch einige Modellvereinbarungen auf seiner Website, wie eine Vereinbarung zwischen dem Empfänger des Materials und dem Land, das es zur Verfügung stellt, eine Vereinbarung zwischen dem Empfänger des Materials und einem Landbesitzer, und eine Vereinbarung zwischen dem Empfänger und einer indigenen oder lokalen Gemeinschaft.
Wenn Sie die nationalen Behörden (nationale Kontaktstelle und/oder die zuständige nationale Behörde) kontaktieren, fragen Sie nach, ob Modellklauseln verwendet werden.
Weitere nützliche Ressourcen
Muster-MTAs:
Das „ABS Information Forum“ hat eine Sammlung von Links zu Muster-Materialtransferverträgen.
Beachten Sie auch den Anhang des Code of Conduct and Best Practice des Consortium of European Taxonomic Facilities.
Mustervereinbarungen zum Vorteilsausgleich:
Das „ABS Information Forum“ hat eine Sammlung von Links zu Musterverträgen für den Vorteilsausgleich.
Die Schweizerische Akademie der Wissenschaften hat eine Toolbox für die Erstellung von Einvernehmlich Vereinbarten Bedingungen entwickelt.
Musterklauseln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
Musterverträge auf der Website der Weltorganisation für geistiges Eigentum.
Weitere Informationen über den Vorteilsausgleich:
Diese Seite des „ABS Information Forum“ gibt eine weitere Erklärung, was Vorteilsausgleich bedeutet, sowie einige nützliche Dinge, die zu beachten sind.