Es gibt einige weit verbreitete Misverständnisse oder Mythen unter Forschenden in Deutschland bezüglich ABS und der Umsetzung des Nagoya-Protokolls in der Europäischen Union. Hier widerlegen wir einige dieser Mythen.
Haben Sie Fragen? Sie finden die Antworten möglicherweise in unseren häufig gestellten Fragen (FAQs).
Haftungsausschluss: Das Projekt „German Nagoya-Protokoll HuB“ wird vom Leibniz Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH (DSMZ) durchgeführt. Wir stellen generelle Informationen zu ABS und Compliance zur Verfügung. Diese Informationen dienen nicht als Rechtsberatung und die DSMZ übernimmt keine Haftung für die Ergebnisse jeglicher Handlung auf Basis der hier gegebenen Informationen. Rechtliche Entscheidungen von Forschenden sollten immer in Absprache mit dem eigenen Institut, der Geschäftsführung und der Rechtsabteilung getroffen werden.
Beratung zur Anwendung der EU-Verordnung zur Umsetzung des Nagoya-Protokolls in Bezug auf Ihre Forschung können Sie von der zuständigen deutschen Behörde (Bundesamt für Naturschutz, nagoya-cna@bfn.de) einholen.
Mythen über ABS
Auch wenn es stimmt, dass das ABS-Prinzip von dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) stammt, ist es eine Fehlannahme zu denken, dass ABS demnach nur für klassische Forschung zur Biodiversität oder Naturschutzarbeit gilt.
ABS ist relevant für viele verschiedenen Arten von Forschung, bei der biologisches Material genutzt wird wie z.B. Phathogenforschung, Pflanzen- und Tierzucht, okölogische Studien, etc. Jeder der (nicht-menschliches) biologisches Material nutzt, sollte überlegen, ob ABS relevant sein könnte!
Das Nagoya-Protokoll und ABS gelten sowohl für die Grundlagen- und nicht-kommerzielle Forschung als auch für die kommerzielle Forschung.
Manche ABS-Gesetze unterscheiden zwischen nicht-kommerzieller und kommerzieller Forschung z.B. werden andere Vorteile geteilt oder es gibt vereinfachte Verfahren für nicht-kommerzielle Forschung. In einigen Ländern ist die nicht-kommerzielle Forschung von den ABS-Regeln ausgenommen. Wie damit umgegangen wird, hängt immer vom ABS-Gesetz des jeweiligen Landes ab.
Es ist eine Fehlannahme, dass ABS und das Nagoya-Protokoll für Sie nicht relevant sind, nur weil sie Grundlagenforschung bzw. nicht-kommerzielle Forschung durchführen.
Es ist eine Fehlannahme, dass ein Vorteilsausgleich sich ausschließlich auf monetäre Vorteile bezieht.
Ein Vorteilsausgleich kann sowohl monetär als auch nicht-monetär sein.
Nicht-monetäre Vorteile sind beispielsweise das Teilen von Ergebnissen und Daten, Studienaustausche, gemeinsame Veröffentlichungen usw. Länder, die Material für Forschungszwecke zur Verfügung stellen, können verlangen, dass diese Arten von Vorteilen gemäß einer Vereinbarung über den Vorteilsausgleich mit ihnen geteilt werden, auch wenn Sie Grundlagenforschung und nicht-kommerzielle Forschung betreiben.
Es stimmt zwar, dass für Forschungsmaterial, das vor dem 12. Oktober 2014 erhalten wurde, keine Sorgfaltspflichten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 bestehen, aber ABS konnte dennoch vor diesem Datum für das Material gelten.
Das Nagoya-Protokoll trat am 12. Oktober 2014 in Kraft ABER das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) wurde auf der UN Konferenz in Rio 1992 verabschiedet und trat 1993 in Kraft. Das CBD beinhaltet Bestimmungen zu ABS und viele Länder hatten schon lange bevor das Nagoya-Protokoll überhaupt existierte nationale ABS Gesetze eingeführt.
Sie sollten auch bedenken, dass einige Länder ABS-Gesetze haben, die für Material gelten, das vor dem 12. Oktober 2014 gesammelt wurde, z.B. weil ihre Gesetzgebung sich darauf konzentriert, wann die Forschung beginnt und nicht auf den ersten Zugang zum Material.
Das Nagoya-Protokoll sagt nichts über das Eigentum von genetischen Ressourcen.
Das Protokoll erkennt das Recht der Vertragsparteien an, den Zugang zu ihren „genetischen Ressourcen“ zu regulieren and auf Grund der Nutzung Vorteilsausgleiche zu verlangen. Das bedeutet, dass Länder Gesetze zu ABS machen können. Das sagt aber nichts darüber aus, wem das Material tatsächlich gehört.
Eigentum wird von den nationalen Gesetzen des jeweiligen Landes geklärt. Eigentümer des Materials können beispielsweise sein:
- Die Regierung, z.B. wenn das Material von öffentlichem Land genommen wird
- Forschende oder das Institut, wo die Person arbeitet
- Ein privater Landbesitzer/eine private Landbesitzerin
- Ein Unternehmen
- Einheimische Personen oder örtliche Gemeinschaften
Mythen über die Sorgfaltspflicht
Wenn Forschung durch Drittmittel finanziert wird und innerhalb des Anwendungsbereiches der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 fällt, dann müssen Sie eine Sorgfaltserklärung einreichen.
Wenn die Forschung durch den Haushalt des Instituts finanziert wird und in Anwendungsbereich der Verordnung fällt, müssen Sie keine Sorgfaltserklärung eingereichen ABER alle anderen Sorgfaltsverpflichtungen gelten weiterhin.
Allein ein Material Transfer Agreement (MTA) genügt nicht, um Ihre Sorgfaltspflicht zu erfüllen.
Sie müssen herausfinden, ob ABS-Gesetze für Ihr Material gelten unabhängig davon, wie Sie das Material erhalten, z.B. Sie sammeln das Material selbst, Sie bekommen es von anderen WissenschaftlerInnen oder Sie beziehen das Material aus einer Sammlung. Wenn ABS-Regelungen auf Sie zutreffen, benötigen Sie die notwendigen ABS-Dokumente, z.B. die Genehmigung, die erlaubt, dass die Forschung durchgeführt wird (Vorherige Einverständniserklärung), Vorteilsausgleichsabkommen usw.
Wenn Sie Material auf Basis einer MTA bekommen, fragen Sie nach einer Kopie der orignalen Dokumente. Diese benötigen Sie, um:
- zu prüfen, ob Ihre Forschung erlaubt ist;
- jegliche Anforderungen zu erfüllen, die in den ABS-Dokumenten stehen; und
- sie mit dem Material weiterzugeben, wenn das Material an Dritte weitergegeben wird.
Eine Aussage im MTA, dass das Material Nagoya-konform ist, ermöglicht dies nicht.
Einige Forschende nehmen an, dass sie einfach „altes“ Material, welches am Institut gelagert wird, nutzen können ohne weitere Nachfragen zu stellen. Nicht mehr!
Wenn Sie vorhaben, Forschung an genetischen und/oder biochemischen Komponenten von „altem“ Material durchzuführen und das Material am oder nach dem 12. Oktober 2014 entnommen wurde, fällt Ihre Forschung möglicherweise in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 511/2014.
Das bedeutet, dass Sie ihre Hausaufgaben machen müssen. Wenn Sie wissen, wo das Material ursprünglich herkommt und wann es entnommen wurde, können Sie herausfinden, ob ABS-Gesetze galten und welche (falls nötig) ABS-Dokumente benötigt werden.
Wenn ABS-Dokumente für das Material bereits existieren, prüfen Sie, ob diese die neue Forschung abdecken. Falls nicht (oder falls es keine ABS-Dokumente gibt), müssen Sie das Land, aus dem das Material ursprünglich stammt, kontaktieren, um die notwendigen ABS-Dokumente zu organisieren und zwar bevor Sie mit der Forschung beginnen.
Die Sorgfaltserklärung einzureichen ist vermutlich der einfachste Teil Ihrer Compliance-Verpflichtungen.
In Deutschland wird empfohlen, die Erkläreung durch das DECLARE-Portal der EU-Kommission einzureichen. Hier finden sie das Benutzerhandbuch zu DECLARE.
Wie viel Zeit benötigen Sie?
- Um sich bei DECLARE mit einem Benutzerkonto zu registrieren benötigen sie ungefähr fünf Minuten
Ihr DECLARE Konto muss von der zuständigen deutschen Behörde genehmigt werden. Dies könnte ein paar Tage dauern.
- Um die Sorgfaltspflichterklärung einzureichen benötigen Sie voraussichtlich 10-20 Minuten
Wann Ihre Forschung begonnen hat oder wann die Finanzierung bewilligt wurde ist für die Verordnung (EU) Nr. 511/2014 nicht relevant. Die relevante Frage lautet, wann der Zugang zum Material erfolgte.
Wenn der Zugang zum Material am oder nach dem 12. Oktober 2014 erfolgte, könnte Ihre Forschung in den Anwendungsbereich der EU-Verordnung fallen. Das bedeutet, dass Sie prüfen müssen, ob ABS-Verpflichtungen für das Material gelten.
Vorsicht! Sie können auch vor dem 12. Oktober 2014 ABS-Verpflichtungen im Bereitstellerland gehabt haben.
Es ist von Vorteil jegliche Recherche, ob ABS Sie oder Ihre Forschung betrifft, zu dokumentieren.
Wenn es keine zutreffende ABS-Gesetze gibt oder die ABS-Gesetze des Landes, welches das Material bereitstellt, nicht auf Ihre Forschung zutreffen, dann gibt es keinen Grund für Sie eine Sorgfaltserklärung einzureichen.